bbuchsky » 27 Nov 2015, 10:09 hat geschrieben:
Entweder Sie oder Onkel.
Wenn Sie ihre Fußzeile ernst meinen, sollte bei fehlender Vertraulichkeit wenigstens die Ansprache höflich sein.
ja, gut, ist aber auch ein echter facepalm, meinen Sie nicht?
Zur Eugenik habe ich in der Tat eine Meinung, die man getrost als abscheulich oder inhuman bezeichnen kann, sie ähnelt aber in keiner Weise der Abart, die unter den Nazis praktiziert wurde und hat auch andere Ziele.
Inzwischen ist es ohnehin zu spät, zuviele großartige Anlagen sind vergeudet worden, und es ist ausgeschlossen, dass wir uns schnell genug weiterentwickeln, um uns auf die erste Stufe der Kardaschow-Skala zu wuchten, bevor wir den Planeten unbewohnbar gemacht haben.
Eugenik war lange vor den Nazis ein großes Thema ausgerechnet in Schweden und hatte ebenfalls andere Ziele als die der Nazis, nicht so dummviehisch und herrenrassistisch. Dennoch ist die ganze Idee krass inhuman undvon einer abstoßenden Arroganz.
Eines der Bücher, die mich zu diesen Überlegungen animiert haben, war der "Dune"-Zyklus von Frank Herbert, aber zuerst standen Beobachtungen und Erfahrungen im eigenen Lebensraum im Mittelpunkt.
Frank Herbert ist zweifellos einer der weltbesten Autoren des Genres und ich hatte mich eigentlich immer damit getröstet, eine deutliche Distanz des Schriftstellers von seinen Figuren und deren Ideen zu spüren. Sie also nicht. Hm.
Im Düsseldorfer Norden sind in den 30ern des letzten Jahrhunderts einige deutlich voneinander zu unterscheidenden Biotope entstanden. Ich hatte das Gück, im Bereich kreativer Köpfe und relativ wohlhabender Großbürger aufzuwachsen, der alte Horten lebte in der Nähe, die von Bülows, die Bebauung mit Atelierhäusern war bestimmend. Im anschließenden Osten entstand 1930 eine Siedlung kleinerer EFH´s, die bevorzugt an SA-Schläger und NSDAP-Schergen verkauft bzw. vergeben wurden.
Die Folgen dieser Separation waren insbesondere in den Verhaltensmustern der Nachkommenschaft zu bemerken, Leute, die traditionell ihre Konfliktbewältigung auf Gewalt gegründet haben, hatten ebensolche Nachkommen. Alkoholkranke, Kleinkriminelle, notorische Schläger und Schulabbrecher bzw. Hauptschüler, bestenfalls Schichtarbeiter auf der einen Seite, Kulturtreibende, Altruisten und Techniker, Wissenschaftler, Mediziner und Angestellte oder Beamte auf der Anderen.
Zuerst hatte ich angenommen, dass es sich um Folgen der Ghettoisierung handelte, und den soziologischen Aspekt betrachtet, mußte aber feststellen, dass noch andere Faktoren Einfluß auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen hinsichtlich der zivilisatorischen Fähigkeiten hatten.
Ohne eine frühzeitige gezielte Steuerung der Evolution haben und hatten wir keine Chance, unsere mentale und soziale Entwicklung soweit in Richtung gemeinsamer Ambitionen zu entwickeln, dass wir es auf die erste oder gar zweite Stufe dieser ominösen Skala hätten schaffen können. Der Zeitpunkt ist verpasst worden, wir waren nicht schlau genug.
Dumm gelaufen.
Sicher gibt es neben der Sozialisierung auch sozusagen mit der Muttermilch aufgesogene Merkmale. Körperliche sowieso, aber auch geistige. Es wäre aber niemand geholfen, sich im Rahmen einer gnädigen Eugenik des "fragwürdigen" Nachwusses zu entledigen. Denn erstens wäre diese Selektion und die dazu nötige Wertung eine völlig unzulässige Anmaßung. Der Wert eines Menschen lässt sich nicht nach irgendwelchen Kriterien bemessen, abschätzen und beziffern. Jeder Mensch ist als absoluter Solitär völlig unersetzlich und insofern sind alle Menschen gleich viel "wert", der Wert ist unermesslich.
Zweitens müsste diese Selektion mit anschließender Tötung der Föten oder gar Säuglinge wieder von einem Menschen vorgenommen werden, der durch solche Gewalt seine eigene Handlung ad absurdum führen würde.
Ich sehe durchaus den Unterschied zwischen Eugenik und Todesstrafe. Letztere ist pure Rache und macht Geschehenes nicht ungeschehen. Die Eugenik als Präventivmaßnahme verhindert, dass noch Ungeschehenes später geschieht. Theoretisch in diesem einen konkreten Fall. Aber du weißt nicht, ob du nicht einen späteren Einstein umgebracht hast. Die Position, die eine Wertung von Menschen zulässt, ist auch mangels Kenntnis der Zukunft völlig unhaltbar.
Die Kräfte der Sozialisierung, die Einflüsse der Gesellschaft, die Wertetabelle dieser Gesellschaft ("Moral") - nichts würde dadurch geändert. Diese Kräfte wirken immer weiter. Um etwas zu ändern müsste die Gesellschaft geändert werden, eine ganz uralte Erkenntnis. Die Gleichung "kultivierte Eltern = kultivierte Kinder" ist ungültig, so wie die Gleichung "Eltern Verbrecher = Kinder Verbrecher". Ich erinnere hierzu an Ulrike Meinhof und Patrizia Hearst, zwei sehr spektakuläre Gegenargumente. Auch die Geschichte der Kinder von Nazigrößen dient als sehr interessantes Gegenargument:
Inzwischen weiß man, dass die Nachkommen der Täter recht unterschiedliche Wege eingeschlagen haben. Martin Bormann, Sohn von Hitlers Sekretär, wurde Lehrer und Priester, Karl-Otto Saur jr., Sohn von Speers zeitweiligem Konkurrenten und Stellvertreter Karl-Otto Saur, widmete sich dem investigativem Journalismus, Wolf-Rüdiger Heß, Sohn von Rudolf Heß, und Gudrun Himmler, Tochter von Heinrich Himmler, führten einen verbissenen Kampf um eine posthume Ehrenrettung der Väter. Klaus von Schirach, ein Sohn des Jugendführers Baldur von Schirach, lebt als Rechtsanwalt in München, und Hilde Schramm, eine Tochter Albert Speers, gründete die Stiftung "Zurückgegeben", die Juden in Kunst und Wissenschaft unterstützt.
Stell dir vor, man hätte die Kinder der Nazis ermordet nach dem Motto "Einer Nazi - alles Nazis"...
Nein, ich befürchte, Sie sind da auf einem entsetzlichen Holzweg, aber es ist nicht meine Aufgabe, Sie von Ihrer rechtsextremen Haltung abzubringen. Die Warnung muss genügen. Sei es also wie es sei.