Vom Wesen von Kunst und Künstlern

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Nathan
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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#51

Beitrag von Nathan » So 17. Apr 2016, 16:25

bbuchsky » 16 Apr 2016, 09:20 hat geschrieben:Kunst enthält nach meinem Verständnis Elemente der Lehre, nach dem Betrachten eines Kunstwerks weiß man oft mehr als vorher.
Das Böhmermannsche Kunstwerk erfüllt diesen Anspruch in höchstem Maße!
Die Absicht, dem nur mittelmäßig beleidigenden Werk von "Extra3", auf dass Kalif Erdogan schon allergisch reagierte, eine echte Beleidigung als Anschauung zu liefern, also eine Lehre zu erteilen, wurde verfolgt und mit großer Virtuosität erreicht.

Mir fehlt bei der deutschen Reaktion auf diese Farce der deutliche Hinweis darauf, dass der türkische "Ehrbegriff" ein schlechter Witz ist, dass Familien, die ihre Töchter massakrieren, den letzten Ansatz "türkischer Ehre" schon vor Jahrzehnten ermordet haben.
Wer sein Selbstwertgefühl von Zufällen abhängig macht (Geburtsland, Geburtsort) und von anderen Ansehen allein auf Basis seiner Herkunft erwartet, hat eine klinische Psychose, er ist weder "Patriot" noch im Besitz einer "Ehre".
Ehre verdient man sich. Geboren worden zu sein ist erstmal kein Verdienst.
Kunst besteht natürlich auch im Weglassen. Im Weglassen von Strukturen und von Differenzierung. Auch die Herstellung von Brei ist von mir aus Kunst. Darüber diskutiere ich nicht. Aber denn Brei dann als Abbild der Realität darzustellen ist keine Kunst. Sie sehen nicht, sie sind blind vor Vorurteil.

Ihr kleiner Ausflug in das weite Feld der Ehre ist ganz gräßlich. Immerhin haben Sie nicht "Ärrrrrreeee" geschrieben, wie das die Neonazis tun, wenn sie Muslimen generell jedes Recht auf Ehre absprechen, aber die Argumentation ist tatsächlich sehr ähnlich :down:
Wenn wir jedem Volk, allen Menschen, den Ehrbegriff verweigern würden, die nach eigenen Werten und nicht nach unseren handeln, würde sich der ganze Begriff von selbst verbieten und zwar global und für alle Menschen. Wenn sie anderen Völkern Unehrenhaftigkeit vorwerfen, weil sie gegen fremde, nämlich unsere Werte verstoßen, was machen Sie dann mit uns, die wir so häufig gegen unsere eigenen Werte handeln, von den Werten der anderen ganz zu schweigen?

Sie haben als Atheist nunmal keine höhere Instanz zur Festlegung von Gut und Böse zur Verfügung, sondern nur eine irdische. Pech, was, man sieht es in diesem Fall sehr schön. Auri könnte sich viel leichter aus der Affaire ziehen...was er aber interessanterweise niemals auf so billige Art tut weswegen ihm der Vorwurf der "Bigotterie" auch nicht gemacht werden darf, dies nur am Rand.


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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#52

Beitrag von bbuchsky » So 17. Apr 2016, 18:32

Nathan » 17 Apr 2016, 16:25 hat geschrieben:Kunst besteht natürlich auch im Weglassen. Im Weglassen von Strukturen und von Differenzierung. Auch die Herstellung von Brei ist von mir aus Kunst. Darüber diskutiere ich nicht. Aber denn Brei dann als Abbild der Realität darzustellen ist keine Kunst. Sie sehen nicht, sie sind blind vor Vorurteil.

Ihr kleiner Ausflug in das weite Feld der Ehre ist ganz gräßlich. Immerhin haben Sie nicht "Ärrrrrreeee" geschrieben, wie das die Neonazis tun, wenn sie Muslimen generell jedes Recht auf Ehre absprechen, aber die Argumentation ist tatsächlich sehr ähnlich :down:
Wenn wir jedem Volk, allen Menschen, den Ehrbegriff verweigern würden, die nach eigenen Werten und nicht nach unseren handeln, würde sich der ganze Begriff von selbst verbieten und zwar global und für alle Menschen. Wenn sie anderen Völkern Unehrenhaftigkeit vorwerfen, weil sie gegen fremde, nämlich unsere Werte verstoßen, was machen Sie dann mit uns, die wir so häufig gegen unsere eigenen Werte handeln, von den Werten der anderen ganz zu schweigen?

Sie haben als Atheist nunmal keine höhere Instanz zur Festlegung von Gut und Böse zur Verfügung, sondern nur eine irdische. Pech, was, man sieht es in diesem Fall sehr schön. Auri könnte sich viel leichter aus der Affaire ziehen...was er aber interessanterweise niemals auf so billige Art tut weswegen ihm der Vorwurf der "Bigotterie" auch nicht gemacht werden darf, dies nur am Rand.
Zuviel "Fahrig" getrunken'?
Die Verlagerung der Ehrendebatte in den Bereich "Kunst" entbehrt natürlich nicht eines gewissen Charmes, ich habe den Erdowahn und seine tolle Ehre nätürlich nicht umsonz in den Religionströöt gezerrt, denn mit "Kunst" hat nur der Böhmertmannsche Belehrungsversuch des Unbelehrbaren zu tun.
Die Reaktion darauf ist dermaßen durchtränkt mit Absolutheitsansprüchen, dass hier dafür kein Raum sein kann.

Ihr "Kunst besteht natürlich auch im Weglassen" erlaubt mir festzustellen, dass Sie mehr Ahnung von Naziforen haben als von Kunst, und sich den Virus "vorauseilenden Gehorsam" dort eingefangen haben.
Der Verzicht auf die Beschäftigung mit dem schleimigen Despoten kann keine Kunst sein, sondern fahrlässige Unterlassung.

Ich kann nachvollziehen, dass einem die Debatte über ein eigentlich allen zuteil werdendes Fiktivum "gräßlich" erscheint, nehmen Sie es wie ein Mann, dass ich Traditionsallergiker bin.

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Nathan
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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#53

Beitrag von Nathan » Mo 18. Apr 2016, 13:07

bbuchsky » 17 Apr 2016, 18:32 hat geschrieben:Zuviel "Fahrig" getrunken'?
Die Verlagerung der Ehrendebatte in den Bereich "Kunst" entbehrt natürlich nicht eines gewissen Charmes, ich habe den Erdowahn und seine tolle Ehre nätürlich nicht umsonz in den Religionströöt gezerrt, denn mit "Kunst" hat nur der Böhmertmannsche Belehrungsversuch des Unbelehrbaren zu tun.
Die Reaktion darauf ist dermaßen durchtränkt mit Absolutheitsansprüchen, dass hier dafür kein Raum sein kann.

Ihr "Kunst besteht natürlich auch im Weglassen" erlaubt mir festzustellen, dass Sie mehr Ahnung von Naziforen haben als von Kunst, und sich den Virus "vorauseilenden Gehorsam" dort eingefangen haben.
Der Verzicht auf die Beschäftigung mit dem schleimigen Despoten kann keine Kunst sein, sondern fahrlässige Unterlassung.

Ich kann nachvollziehen, dass einem die Debatte über ein eigentlich allen zuteil werdendes Fiktivum "gräßlich" erscheint, nehmen Sie es wie ein Mann, dass ich Traditionsallergiker bin.
Mag alles sein. Aber bitte verstehen Sie richtig, dass es nicht nur unsinnig ist etwas zu tun, nur weil es sehr viele schon sehr lange getan haben (sie kennen das Beispiel mit den Fliegen und den Exkrementen), es ist genauso unsinnig etwas nur deswegen nicht zu tun weil es sehr viele schon sehr lange getan haben. Traditionen sind nur dann abzulehnen, wenn sie zu unreflektiertem Verhalten führen. Ansonsten ist es doch ganz wurscht, dass der Fonsä den Trachtenhut seines Opas würdevoll(!) spazieren trägt weil es halt Tradition ist.

Es gibt den alten Witz eines Haiangriffs, dessen sich Herr Knigge mit seinem Tauchermesser erwehrt und hierob sich den Tadel einfängt "Aber Herr Knigge, Fisch mit Messer!"
Fisch wurde früher nicht mit den Messern aus dem Stahlbesteck sondern mit speziellem silbernen Fischbesteck gegessen. Der säurehaltige Fischsaft ging nämlich mit dem guten alten austenitischen, hoch kohlenstoffhaltigen Stahl eine hässliche chemische, den Geschmack des Fisches vernichtende Reaktion ein. Die modernen Chrom-Nickel(-Molybdän)-Stähle reagieren völlig gelassen auf den Fisch, weswegen man heute durchaus Fisch mit dem Messer essen kann. Dem toten Fisch ist es eh schon immer egal gewesen. Dennoch gibt es immer noch Benimmregelbücher und Benimmkurse und sogar Restaurants, in denen spezielles Silberbesteck zum Fisch gereicht wird. Solche überkommenen Traditionen sind nichts wert und mögen Allergien auslösen. Aber ganz pauschal teile ich Ihre "Traditionsallergie" nicht. Ich treffe mich z.B. seit vielen Jahren mit einigen Herren zum traditionellen Kinobesuch möglichst dämlicher, frauenfeindlicher, aber möglichst actionreicher Filme (wie z.B. James Bond). Inzwischen wären unsere Frauen bereit, eine entsprechende Einladung zu akzeptieren, aber das kommt natürlich nicht in Frage. Tradition ist Tradition!
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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#54

Beitrag von Bargle » Mo 18. Apr 2016, 13:12

Nathan » 18 Apr 2016, 13:07 hat geschrieben:[...]
Fisch wurde früher nicht mit den Messern aus dem Stahlbesteck sondern mit speziellem silbernen Fischbesteck gegessen. Der säurehaltige Fischsaft ging nämlich mit dem guten alten austenitischen, hoch kohlenstoffhaltigen Stahl eine hässliche chemische, den Geschmack des Fisches vernichtende Reaktion ein. Die modernen Chrom-Nickel(-Molybdän)-Stähle reagieren völlig gelassen auf den Fisch, weswegen man heute durchaus Fisch mit dem Messer essen kann. [...]
Danke, dass war wirklich lehrreich.

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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#55

Beitrag von bbuchsky » Mo 25. Apr 2016, 20:16

Aus Gründen, die im "Schlonz"(jibbet nich mehr), der "Uel" (Eule) und dem "Goldenen Einhorn" verborgen sind, möchte ich einem meiner Lieblingskünstler einen extrem schönen 75. Geburtstag wünschen. Prost MARKUS LÜPERTZ, möge Dein Genie uns noch lange erhalten bleiben!

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Athineos
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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#56

Beitrag von Athineos » Mo 25. Apr 2016, 20:21

Bargle » 18 Apr 2016, 13:12 hat geschrieben:Danke, dass war wirklich lehrreich.
" De arte pisces edendi .... :idiot:
Μολών λαβέ!

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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#57

Beitrag von Nathan » Mi 27. Apr 2016, 08:39

Athineos » 25 Apr 2016, 20:21 hat geschrieben:" De arte pisces edendi .... :idiot:
Sie haben natürlich alles schon gewusst...aber es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde...Dinge sage ich Ihnen...oh oh...z.B. rennt ein prominenter Antialkoholiker mit Vorliebe in die verruchtesten Sprit-Tempel...Sachen gibt's... :o
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Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#58

Beitrag von Athineos » Mi 27. Apr 2016, 09:39

Nathan » 27 Apr 2016, 08:39 hat geschrieben:Sie haben natürlich alles schon gewusst..
Klar, wie üblich!
Das ist eine der Lasten eines Genies ....!
Diese Alltäglichkeiten immer wieder vorgesetzt zu bekommen ......!
Sie dürfen mich zusätzlich IWA nennen!
Μολών λαβέ!

Auri

Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#59

Beitrag von Auri » Mi 27. Apr 2016, 10:16

bbuchsky » 25 Apr 2016, 20:16 hat geschrieben:Aus Gründen, die im "Schlonz"(jibbet nich mehr), der "Uel" (Eule) und dem "Goldenen Einhorn" verborgen sind, möchte ich einem meiner Lieblingskünstler einen extrem schönen 75. Geburtstag wünschen. Prost MARKUS LÜPERTZ, möge Dein Genie uns noch lange erhalten bleiben!
Schreiben Sie das bei der AZ hundertmal an die Tafel und es wird Ihnen niemals wieder irgendwer etwas dort zensieren.
Dann haben Sie Heiligenstatus.

Über Lüpertz Aprodithe die von der Herausgeberfamilie der Stadt gestiftet wurde und am Ende einer der schönsten deutschen Strassen aufgestellt werden sollte wo sie in meinen Augen perfekt hingepasst hätte regte sich erheblicher Wiederstand.

Der OB gab dem nach und wurde anschliessend gnadenlos von der Monopolzeitung niedergeschreiben.
Nur durch Lüpertz Aprodithe verlor er dann die Wahl gegen einen völlig unbekannten Kandidaten der allerdings ebenfalls ein Glücksfall ist. Augsburg hat eben fähige Leute. :D

Heute steht eins der bedeutendsten Werke von Lüpertz vor dem Verlagsgebäude der AZ.
Die Herausgeber sind aber wohl bis heute beleidigt, dass die Stadt das gestiftete Kunstwerk abgelehnt hat.
Übrigens war dabei die FDP federführend die in Augsburg sowieso als Markenkern hat immer gegen alles zu sein, egal was.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/k ... 21022.html

forest

Re: Vom Wesen von Kunst und Künstlern

#60

Beitrag von forest » Mi 27. Apr 2016, 11:18

Auri hat geschrieben:... und am Ende einer der schönsten deutschen Strassen aufgestellt werden sollte wo sie in meinen Augen perfekt hingepasst hätte regte sich erheblicher Wiederstand.
Das ist wie bei Böhmermann eine Frage der Metaebene.
Daraus:
Am Ulrichsplatz stellte Elias Holl 1620 ein Rathaus fertig, dass das innovativste Verwaltungsgebäude seiner Zeit in Nordeuropa war.
Schließlich hätte Lüpertz eine Stifterin als griechische Liebesgöttin auf römischem Terrain geehrt.
Ansonsten ist der Artikel von Katja Blomberg nicht übel, geht aber wie bei der Adresse am Kern des Themas vorbei.

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