Sterbehilfe

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forest

Re: Sterbehilfe

#41

Beitrag von forest » Sa 15. Okt 2016, 21:02

Wenn ich den Ablauf meines möglichen Freitods gelegentlich so durchgehe, wie man das bei der Planung eines Industrieprodukts macht, von der Idee über das Papier, die Überzeugung Beteiligter, das Modell und den Prototyp, das Material und die Werkstattarbeit dazu, dann die Werkzeuge zur Produktion und den Absatz, die Kundenzufriedenheit und Reklamationen, neben den investierten Gedanken auch das nötige Kapital, ist das eine fortgesetzte Risikoabwägung in eigener und gesellschaftlich angehender Sache.

Ohne Absicht könnte das schnell gehen wie gestern an der Kreuzung Nymphenburger/Landshuter. Da steht man als junge Studentin an der Ampel wie viele und ich unzählige Mal und plötzlich ist man tot und das wahrscheinlich nicht freiwillig.

Bevor die Freitoderwägungen bildhaft werden, werden sie von anderen bildhaft überlagert, als da sind:

Deine Mutter hat dich nicht ein Dreivierteljahr ausgetragen, dir Gehen und Manieren beigebracht, das kleine und große Einmaleins dir bis zur Ohnmacht eingetrichtert, damit du wegen verlogener, scheinheiliger und scheinbar übermächtiger Ganoven den Löffel hinschmeißt.
Setz dich auf den Hintern oder bring ihn hoch je nach Bedarf und lebe! Du bist mein Leben und es ist jetzt deins!



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Re: Sterbehilfe

#42

Beitrag von SLR » Sa 15. Okt 2016, 21:20

[quote="[url=viewtopic.php?p=37780#p37780]
Deine Mutter hat dich nicht ein Dreivierteljahr ausgetragen, dir Gehen und Manieren beigebracht, das kleine und große Einmaleins dir bis zur Ohnmacht eingetrichtert, damit du wegen verlogener, scheinheiliger und scheinbar übermächtiger Ganoven den Löffel hinschmeißt.
Setz dich auf den Hintern oder bring ihn hoch je nach Bedarf und lebe! Du bist mein Leben und es ist jetzt deins!
[/quote]

Eija, das hat die Mutter aber doch für sich gemacht. Das Leben 'geschenkt' heißt es immer Dankbarkeit aufoktroyierend. Gefragt wurde man dabei ja nicht. Wird man selten, wenn man was geschenkt bekommt, stimmt. Aber muss man ein Geschenk würdigen, nur weil der Schenker sich selbst was gewünscht hat... Im Regelfall wird die Mutter bereits auf dem Friedhof besucht werden, wenn die Entscheidung ansteht, dass das Geschenk nun ausgedient hat. Wer sich daran aufrecht erhalten will, dass seine Mutter das alles nicht getan haben würde, damit man ihr Geschenk wegwirft - prima.
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forest

Re: Sterbehilfe

#43

Beitrag von forest » Sa 15. Okt 2016, 22:04

SLR » 15 Oct 2016, 21:20 hat geschrieben:[quote="[url=viewtopic.php?p=37780#p37780]

Eija, das hat die Mutter aber doch für sich gemacht. Das Leben 'geschenkt' heißt es immer Dankbarkeit aufoktroyierend. Gefragt wurde man dabei ja nicht. Wird man selten, wenn man was geschenkt bekommt, stimmt. Aber muss man ein Geschenk würdigen, nur weil der Schenker sich selbst was gewünscht hat... Im Regelfall wird die Mutter bereits auf dem Friedhof besucht werden, wenn die Entscheidung ansteht, dass das Geschenk nun ausgedient hat. Wer sich daran aufrecht erhalten will, dass seine Mutter das alles nicht getan haben würde, damit man ihr Geschenk wegwirft - prima.
Aber es ist ein guter Strohhalm! Das gegoogelt kommen strawberry fields und dann a day in the life, womit wir wieder beim Thema wären ;)
[bbvideo=560,315]https://www.youtube.com/watch?v=usNsCeOV4GM[/bbvideo]

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Re: Sterbehilfe

#44

Beitrag von SLR » Mi 26. Feb 2020, 06:39

So, aus aktuellem Anlass graben wir diesen Thread mal wieder aus.

Heute wird das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung über die 2015 neugefasste Regelung zur Sterbehilfe oder besser zum Verbot einer solchen 'gewerbsmäßigen' , verkünden.

Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten schwer kranke Menschen, Ärzte und Sterbehilfevereine, die sich ich gegen den Strafrechtsparagrafen 217 wenden.

Interessante Artikel dazu:

https://www.sueddeutsche.de/politik/bun ... -1.4816237

https://www.stern.de/panorama/weltgesch ... 57160.html


Und hier noch ein eindrucksvoller Bericht eines Angehörigen, dessen Bruder schwerstkrebskrank in die Schweiz zum Sterben fahren musste

https://www.spiegel.de/gesundheit/urtei ... 596e076e8b
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Re: Sterbehilfe

#45

Beitrag von SLR » Mi 26. Feb 2020, 10:32

§ 217 StGB nichtig. Verfassungsrichter kippen Sterbehilfeverbot

Das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe verstößt gegen das Grundgesetz. Es gebe ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Das schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen. Der neue Strafrechtsparagraf 217 mache das weitgehend unmöglich. Die Richter erklärten das Verbot nach Klagen von Kranken, Sterbehelfern und Ärzten für nichtig.

https://www.n-tv.de/politik/Verfassungs ... 02225.html

Puh. Ich bin wirklich erleichtert. Ich hätte sonst angefangen an unserer Verfassung (oder ihren Hütern) zu zweifeln.
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Re: Sterbehilfe

#46

Beitrag von messalina » Mi 26. Feb 2020, 11:21

Ich habe mich noch nie so richtig gedanklich mit Sterbehilfe befasst wenn ich ehrlich bin. Nur mal eine Doku gesehen über eine Schweizer Sterbehilfe, aber die konnte ich nicht zuende kucken weil es so traurig war. Ich finde es gut dass der Druck jetzt weg ist bei den Sterbehelfern und Ärzten und dass man sich auf das wirklich wichtige konzentrieren kann, also die Hilfe.

So eine blöde Begründung für den alten § 217 "Niemand sollte sich unter Druck gesetzt fühlen, seinem Leben ein Ende zu setzen" habe ich echt noch nie gehört, die ist ja sowas von am Thema vorbei gewesen, die sollten sich echt schämen. Das waren bestimmt so Juristen in einem Ministerium die sich nur gedacht haben "achja, begründen müssen wir es ja auch noch, hmm was schreiben wir da jetzt rein?" Ich weiß gar nicht was die sich dazu vorgestellt haben? Vielleicht eine Familie denen die todkranke Oma allmählich lästig wird und die dann zu ihr sagen, komm da gibt es so eine Einrichtung da fahren wir jetzt hin, dafür gibt es die ja.
Vielleicht müsste man da einen Mann fragen

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Re: Sterbehilfe

#47

Beitrag von thai.fun » Mi 26. Feb 2020, 12:49

Ich hab von der Schweiz aus diese Diskussionen und den neuen Beschluss interessiert mitverfolgt. Ich denke gut so!
Jetzt müssen sich die Deutschen einfach Zeit nehmen, bis dies auch Alltag ist.

Mir kam bei diesen Diskussionen die zur gleichen Zeit öfters gehörten Meinungen über Redefreiheit in den Sinn. Dies sei ein Menschenrecht. Für mich dürfen zur Zeit AufRechte diese besonders strapazieren. Ob die für Sterbehilfe sind?

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Re: Sterbehilfe

#48

Beitrag von SLR » Mi 26. Feb 2020, 13:54

thai.fun hat geschrieben:
Mi 26. Feb 2020, 12:49
Ich hab von der Schweiz aus diese Diskussionen und den neuen Beschluss interessiert mitverfolgt. Ich denke gut so!
Jetzt müssen sich die Deutschen einfach Zeit nehmen, bis dies auch Alltag ist.

Mir kam bei diesen Diskussionen die zur gleichen Zeit öfters gehörten Meinungen über Redefreiheit in den Sinn. Dies sei ein Menschenrecht. Für mich dürfen zur Zeit AufRechte diese besonders strapazieren. Ob die für Sterbehilfe sind?
Tja die Schweiz ist in dieser Hinsicht einfach wirklich weiter. Ob die Rechten für Sterbehilfe sind?

Lass mich so antworten: Das ist so ähnlich wie Jens Spahns Haltung zur Homosexualität wäre, wer er nicht selbst homosexuell. :joint:

Also ich nehme an, dass die Rechten, Sterbehilfe dann gut finden, wenn es sie selbst oder einen ihrer Angehörigen betrifft und ansonsten eher vom Untergang der Zivilisation schwadronieren.
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Re: Sterbehilfe

#49

Beitrag von SLR » Mi 26. Feb 2020, 14:06

Es ist übrigens durchaus überraschend wie weit das BVerfG in seinem Urteil geht:

>>Die Karlsruher Richter haben nicht nur ausdrücklich ein "Recht auf selbstbestimmtes Sterben" anerkannt, sie haben auch explizit hinzugefügt, dass dieses Recht die Freiheit einschließe, "sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen", und zwar unabhängig vom Alter, vom Gesundheitszustand, von besonderen Motiven oder irgendwelchen moralischen oder religiösen Erwägungen. "Die selbstbestimmte Verfügung über das eigene Leben", so formuliert das Gericht nicht ohne Pathos, sei ein, "wenngleich letzter, Ausdruck von Würde". Und die Würde des Menschen, das steht ganz am Anfang des Grundgesetzes, ist unantastbar. <<

https://www.zeit.de/2020/10/paragraf-21 ... gesetzbuch

Das ist das starke Zeichen, das ich mir erhofft hatte, aber nicht zu träumen gewagt hätte, dass es umgesetzt wird.

Es gibt ein Recht auf Leben, aber keine Pflicht zu leben und da hat einem auch niemand reinzureden - so nicht und andersherum natürlich erst recht nicht. Ich werde da noch dazu ausführen.

Da werden nun einige schwer schlucken. Andere dagegen sind erleichtert und Jens Spahn hat sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht, da das Gesetzt von Anfang an nichtig ist.
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Bittersüß

Re: Sterbehilfe

#50

Beitrag von Bittersüß » Mi 26. Feb 2020, 14:22

SLR hat geschrieben:
Mi 26. Feb 2020, 14:06
Da werden nun einige schwer schlucken. Andere dagegen sind erleichtert und Jens Spahn hat sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht, da das Gesetzt von Anfang an nichtig ist.
So ein Blödsinn. Spahn ist erst seit 2018 Gesundheitsminister, das Gesetz wurde bereits 2015 verabschiedet. :no:

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