Sterbehilfe

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voltaire
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Re: Sterbehilfe

#21

Beitrag von voltaire » So 10. Jan 2016, 15:42

Es ist auch bei diesem Thema wie so oft im Leben.

Diejenigen, die am meisten und immer wieder in das Dasein anderer hineinpfuschen wollen, die Kirchen, die Politik, die Auris und ein Großteil der Medizin (incl. Pharma), die versuchen zu blockieren. Die Bevölkerung hat eine überwiegende Meinung dazu, nämlich die, laßt die Menschen in Würde gehen, wann sie das für sich als richtig entscheiden.

Das Für und Wider zu dieser Meinung wurde doch mehrfach auch hier schon rauf- und runterdiskutiert. Alles ändert sich in dem Moment, in dem man selbst betroffen ist durch das Miterleben völlig überflüssiger körperlicher und seelischer Leiden naher Verwandter oder Freunde.

Die größte Unverschämtheit, die ich dazu je gehört hatte war das Geschwätz eines katholischen Pfarrers von der Erbsünde an einem Sterbebett, den ich dann eigenhändig rausgeschmissen hatte.



SophieLaRoche

Re: Sterbehilfe

#22

Beitrag von SophieLaRoche » Fr 15. Jan 2016, 15:57

Auri » 09 Jan 2016, 10:18 hat geschrieben:I

ABER: Mit dem töten anderer Menschen Geld verdienen zu wollen ist zurecht strafbar.
Wer sowas tut stellt sich ausserhalb der Zivilisation.

Deutschland hat hier ein sehr gutes Gesetz beschlossen. Der Eilantrag der Sterbehelfer ist vom Bubndesverfassungsgericht abgelehnt worden und ich gehe davon aus, dass auch im Hauptverfahren das Gesetz Bestand haben wird. ich bin da jedenfalls sehr entspannt.

Ich möchte das Thema nochmal aufgreifen. Unter Strafe gestellt worden ist im neuen § 217 StGB die 'geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung'.

Jetzt meint der Laie - und so wohl auch Du, Auri, damit sei das Geldverdienen mit der Sterbehilfe gemeint. Dem ist aber nicht so. Geschäftsmäßig bedeutet nicht zwangsläufig, eine Erwerbsabsicht zu haben sondern jedes auf eine Wiederholung angelegte wiederkehrende Bestandteil einer beruflichen oder wirtschaftlichen Beetätigung, ohne dass es dabei auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankommt. Die Geschäftsmäßigkeit zielt also auf ein regelmäßiges Dienstleistungsangebot ab auch wenn daran nicht verdient werden würde. Das hätte man leicht ganz anders regeln können, wollte das aber nicht.

Dabei trägt das Gesetz einen eklatanten Mangel, weshalb es keineswegs so klar ist, wie Du glaubst, ob es vor dem BVerfG Bestand haben wird, denn die Regelung im § 217 StGB ist systemwidrig im Deutschen Strafrecht. In diesem wird nirgendwo eine Beihilfehandlung unter Strafe gestellt, wenn die Haupttat (das ist in diesem Fall der Suizid) straffrei ist. Ausgerechnet für den eigengewünschten Tod eine Ausnahme im Strafrecht? Mal sehen, wie die hohen Juristen das bewerten werden.

Daneben gibt es aber noch einen anderen Umstand, der dazu führen könnte, dass das neue Gesetz ggf. gar keinen Anwendungsbereich finden wird. Es geht um die Möglichkeit der 'rechtfertigenden Einwilligung'.

Der Strafrechtslehrer Prof. Dr. Eric Hilgendorf verweist darauf, dass § 217 nicht ein Verletzungsdelikt (Verletzung des Lebens) regelt sondern ein abstraktes Gefährdungsdelikt. In Gefährdungen des Lebens, und zwar auch in konkrete, kann der Betroffene aber wirksam einwilligen.

Die so überraschenden wie auch nachvollziehbaren Gedankengänge des Professors sind nachzulesen HIER

>>Für dieses Ergebnis spricht auch, dass § 217 n.F. nach dem Willen des Gesetzgebers neben dem Leben des Betroffenen auch dessen Entscheidungsfreiheit schützt. Noch wesentlich schwerer wirkt der Umstand, dass das Grundgesetz in Art. 1 und 2 Abs. 1 die Freiheit, über das eigene Lebensende zu entscheiden, garantiert. Dies wird auch in der Gesetzesbegründung anerkannt und mehrfach hervorgehoben (BT-Drucksache 18/5373, S. 13). Es wäre deshalb nicht nur verfassungswidrig, sondern geradezu widersprüchlich, dem Betroffenen die Entscheidung über eine Einwilligung in die eigene Lebensgefährdung zu versagen. <<

Strenge Anforderungen für die Einwilligungserklärung sind selbstverständlich nötig.

Fazit: Ein so schlecht geregeltes wie überflüssiges Gesetz nach all den Jahren.

forest

Re: Sterbehilfe

#23

Beitrag von forest » Do 25. Aug 2016, 08:14

Sven Gottschling betreut todkranke Patienten. Wo andere Ärzte nicht mehr helfen, erleichtert er den Abschied und erfüllt letzte Wünsche. Nun erklärt er, was man gegen die Angst vorm Sterben tun kann.

Hinter allem, was er als Forscher, Lehrer, Vortragender und Buchautor tut, steht die eine Frage: Wie geht gutes Sterben?

Die Versorgung von Todkranken hat keine große Lobby; seine Disziplin, die Palliativmedizin, sagt er, gelte selbst unter Medizinern als "unsexy". Gottschling lässt ein Thema an sich heran, das die allermeisten Menschen – Ärzte eingeschlossen – bis zuletzt verdrängen.


Guter Bericht in der Welt: http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... -geht.html

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Luciana01
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Re: Sterbehilfe

#24

Beitrag von Luciana01 » Do 25. Aug 2016, 10:29

Respekt und Hochachtung für soviel Kraft !
Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher! Bertolt Brecht

forest

Re: Sterbehilfe

#25

Beitrag von forest » Mo 19. Sep 2016, 20:36

Erstmals Sterbehilfe für Minderjährige geleistet
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 12751.html

Neulich war im Spiegel und der NZZ die Meldung der Nachricht mit der Abbildung eines Arzneifläschchens mit gut lesbarem Etikett.
Verlinken tu ich das nicht, frage mich aber, ob und wie das sein darf. Hat jemand eine Ahnung?

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Re: Sterbehilfe

#26

Beitrag von Luciana01 » Mo 19. Sep 2016, 21:15

Das wäre doch eine Frage für @banshee?

Meine Meinung dazu ist gespalten... Bei Minderjährigen entscheiden die Eltern!
Ich möchte mir so eine Situation nicht ausmalen...

Für einen Erwachsenen sehe ich das Recht bei jedem selber, der keine Chance mehr hat und so noch würdevoll aus dem Leben scheiden will.

Jedenfalls sinnvoller, als den Freitod zu wählen und Unschuldige noch mitzunehmen oder zu beteiligen.... Denke da an die Lokführer oder Opfer von Geisterfahrern...

PS: Arzneifläschen mit Etikett ... Genauso sinnvoll wie die Anleitung zu einer selbstgemachten Bombe oder wie man Zugang zum Darknet bekommt.... Die Medien sind manchmal so deppert...
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thai.fun
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Re: Sterbehilfe

#27

Beitrag von thai.fun » Di 20. Sep 2016, 12:07

Da gab es am Sonntag noch den Krimi "Tatort Sterbehilfe".

"Der Film hat ein gesellschaftlich relevantes Thema behandelt. Ich denke, dass im Zuge der Rationierung (Kosten, unbezahlbare Prämien) dieses Thema noch viel brisanter werden wird. Alte Menschen machen sich vermehrt Gedanken über einen Freitod - auch um den den Kindern ein Vermögen zu vermachen. Denn ein Platz in einem Pflegeheim kostet einen Versicherten jährlich 80000.00 bis 100000.00 Franken. Die junge Generation ist sich gewöhnt, das zu bekommen, was ihnen zusteht und möchte nicht gänzlich auf ein Erbe verzichten. Auch wenn ihnen eigentlich nichts zusteht. Der ältere, leidende, kranke Mensch, der noch zunehmend unter der Digitalisierung des Alltags leidet und sich nicht mehr zurechtfindet, wird vermehrt den Freitod wählen. Der Tatort hat durchaus einen Debattenbeitrag geleistet." ...

Bild
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/fern ... e=9efAwefu


Im «Tatort» wird er Patientin «Natrium-Pentobarbital, Dosis letalis» verabreicht. (mit Bild des Fläschchens)

Der Check: Korrekt, das Medikament wird von Schweizer Sterbehilfeorganisationen verwendet. Die etwas reisserisch anmutende Bezeichnung «Dosis letalis» stimmt auch bzw. steht so auf dem Fläschchen. Oral eingenommen, lässt einen der Trunk innerhalb von drei Minuten einschlafen. Im «Tatort» war die entsprechende Inszenierung unklar; es schien, als ob die Kranke innert Minuten starb. Der Tod tritt in Realität allerdings erst 15 bis 20 Minuten nach Einnahme des Natrium-Pentobarbitals ein. http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/fern ... larComment

forest

Re: Sterbehilfe

#28

Beitrag von forest » Di 20. Sep 2016, 12:27

thai.fun » 20 Sep 2016, 12:07 hat geschrieben:
Der Check: Korrekt, das Medikament wird von Schweizer Sterbehilfeorganisationen verwendet. Die etwas reisserisch anmutende Bezeichnung «Dosis letalis» stimmt auch bzw. steht so auf dem Fläschchen. Oral eingenommen, lässt einen der Trunk innerhalb von drei Minuten einschlafen. Im «Tatort» war die entsprechende Inszenierung unklar; es schien, als ob die Kranke innert Minuten starb. Der Tod tritt in Realität allerdings erst 15 bis 20 Minuten nach Einnahme des Natrium-Pentobarbitals ein. http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/fern ... larComment

Danke! Ist die Einnahme des Zeugs mit Schmerzen verbunden und was passiert bei Unter- oder Überdosierung?
Mir schon klar, daß man bei erfolgreicher Einnahme den 'Patienten' nicht mehr fragen kann, aber es gibt bestimmt Mediziner, die das beurteilen können müssten.

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SLR
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Re: Sterbehilfe

#29

Beitrag von SLR » Di 20. Sep 2016, 14:09

forest » 20 Sep 2016, 12:27 hat geschrieben:Danke! Ist die Einnahme des Zeugs mit Schmerzen verbunden und was passiert bei Unter- oder Überdosierung?
Mir schon klar, daß man bei erfolgreicher Einnahme den 'Patienten' nicht mehr fragen kann, aber es gibt bestimmt Mediziner, die das beurteilen können müssten.
Also so weit mir bekannt ist, schläft man da friedlich ein. Also zunächst mal Wirkung wie ein Schlafmittel, dann aber mit letalem Ausgang. Einfach ähnlich wie beim Einschläfern der Tiere (wo es natürlich gespritzt wird). Zwischenfälle hat es wohl schon gegeben, ja. Da dürfte dann eben die Menge nicht gestimmt haben.
"Dies ist ein Antiterroranschlag des Asozialen Netzwerkes"

forest

Re: Sterbehilfe

#30

Beitrag von forest » Mi 5. Okt 2016, 21:40

In der Schweiz wird das Thema relativ sachlich behandelt

Das neue Gesetz sieht vor, dass öffentlich anerkannte gemeinnützige Institutionen den Wunsch eines Patienten nach einem begleiteten Suizid in ihren Räumlichkeiten respektieren müssen.
Das verfassungsmässige Recht auf persönliche Freiheit und Privatsphäre und damit auf alle elementaren Aspekte der Persönlichkeitsentfaltung umfasse auch das Recht auf Selbstbestimmung. Dazu gehört laut den Richtern das Recht, die Art und den Zeitpunkt des Sterbens selbst zu wählen, sofern die betroffene Person frei entscheiden kann und sich der Konsequenz bewusst ist.

Hingegen besteht laut dem Urteil kein Anspruch darauf, beim Selbstmord durch den Staat oder von Dritten unterstützt zu werden. Weder der Staat noch öffentliche Institutionen seien verpflichtet, die für einen Suizid nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Aber die Freiheit, den Suizid zu wählen, müsse für Bewohner einer öffentlichen Institution genauso gewährleistet sein wie für Personen, die bei sich zu Hause wohnen.


http://www.nzz.ch/schweiz/sterbehilfe-h ... -ld.120531

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