Auri » 04 Sep 2016, 15:30 hat geschrieben:Wo ist denn eigentlich das allgemeine Problem?
Für mich ist die Info, dass diese Frau polnisch/russischstämmig ist schon sehr interessant.
Man sieht auch in Deutschland, dass dieser Personenkreis besonders fanatisch gegen andere Zuwanderer ist.
Und was ist negativ an der Mitteilung, dass jemand Jude ist wenn es um dessen Ablehnung des Islam geht? Das ist schon eine Info die vieles relativiert.
Wäre die versammelte Userschaft denn im umgekehrten Fall auch so erbost über die Info, jemand sei Moslem?
Ich möchte Sie ganz bescheiden darauf hinweisen, dass es sich bei den russisch-/polnischstämmigen Vorfahren von Fr. Badinter um Menschen handelt, die schon im 19.Jh. Polen aufgrund der dortigen gesellschaftspolitischen bzw. politisch instabilen Verhältnisse verlassen hatten. Man schätzt, dass ca. 1 Mill. Franzosen polnische Wurzeln haben, was man oft sehr leicht an den Familiennamen erkennen kann. Eine polnischstämmige Französin z.B. war durch Heirat Marie Curie, geb. Skłodowska.
Bei den Russen war es die Oktober-Revolution von 1917, die viele Russen ins Ausland trieb.
E.Badinter wurde 1944 geboren.
Also überhaupt keine Grundlage, sie mit ausgesiedelten Russlanddeutschen der 90er jahre und später zu vergleichen, uund auch nicht mit jüdischen Kontingentflüchtlingen derselben Epoche.
Die Aussage von der Frau, ein Burkiniverbot sei zwar Quatsch, aber die Franzosen seien (Nervlich) - so deute ich das, am Ende ist ziemlich gaga.
Eine Begründung ist es jedenfalls nicht, eine Entschuldigung auch nicht bestenfalls eine Erklärung. Das sollte die Dame sich dann aber tunlichst nicht zu eigen machen.
Ich sehe nicht, dass Fr. Badinter das Burkiniverbot entschuldigt hat. Sie findet es nicht gut, kann es aber wegen des momentan völlig überreizten Nervenkostüms der Franzosen verstehen. Das über die Situation im eigenen Land zu sagen, steht ihr als gesellschaftspolitisch engagierte Französin zu, jedenfalls mehr zu, als wenn Sie das als Deutscher, dessen Land von großen Terroranschlägen mit einigen hundert Opfern verschont blieb, als "gaga" zu bezeichnen. Ist das wieder ihr unfreiwilliger Zynismus? [/Quote]
Wie heisst es in Frankreich so schön? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Gegen alle drei wird in eklatanter Weise verstossen.
Unfreiheit, Ungleichheit, Ausgrenzung, sollen das die neuen Bausteine der Republik sein?
Gute Nacht.
Dazu etwas aus dem
Artikel "Burkini am Nizza-Strand ist Gipfel der Unhöflichkeit" in der "Welt", den schon @forest zitiert hat.
Badinter: Es ist der Gipfel der Unhöflichkeit und der Gleichgültigkeit. Es ist ein islamistischer Dresscode, der nicht durch Zufall hier in Frankreich immer häufiger zu sehen ist. Bislang hat kein anderes Land in Europa erlitten, was wir erleben, nämlich die schnelle Aufeinanderfolge von Attentaten, den puren Schrecken.
Die Franzosen beginnen jetzt, nach anderthalb Jahren, schlecht zu reagieren. Es ist idiotisch, den Burkini zu verbieten, aber es zeigt, dass wir am Ende sind: Wir können schlicht nicht mehr.
Die Welt: Das erste Opfer auf der Promenade von Nizza war eine verschleierte Muslimin. Tragen Sie nicht auch zur Spaltung der Gesellschaft bei, wenn Sie eine verschleierte Frau am Strand von Nizza als Provokation empfinden?
Badinter: Wer will uns denn spalten? Nicht ich, die Islamisten. Der radikale Islam macht einen großen psychologischen und politischen Fehler. Nach dem Attentat auf "Charlie Hebdo" hieß es: Wir haben damit nichts zu tun. Das geht uns nichts an. Anstatt anzukündigen, dass man den Terror gemeinsam bekämpfen wird. Das war ein erstes Versagen der französischen Muslime.
Am 13. November, bei den Attacken auf das Bataclan und die Cafés, gab es Muslime unter den Opfern und eine erste, zaghafte Reaktion. Die war nach Nizza etwas stärker und wirklich sichtbar erst, als dem katholischen Priester die Kehle durchgeschnitten wurde.
Die Welt: Das war der Wendepunkt?
Badinter: Absolut. Es gab eine Art republikanisches Aufbegehren französischer Muslime. Sie können den islamistischen und kommunitären Druck nicht mehr ertragen. Ich beobachte, dass sich immer mehr muslimische Frauen im Internet zu Wort melden, Bücher schreiben, aufbegehren und sagen: Uns reicht's. Dieser Weg ist eng und lang, aber der einzig mögliche. Die Wende muss von innen kommen. Alles, was von außen kommt, wird den Kommunitarismus nur verstärken.[...]
Und es gibt noch einen Grund, warum unsere Situation so einzigartig ist: Es leben mehr als fünf Millionen Muslime in Frankreich, das sind knapp zehn Prozent der Bevölkerung. Drei Jahrzehnte lang war das kein Problem. Die Muslime waren frei, konnten Ramadan machen oder auch nicht. Die Mädchen Röcke tragen oder sich verschleiern. Seit zwei Jahrzehnten ist damit Schluss. Ich bin verblüfft, dass Deutschland erst kleine Attentate erleben musste, um wach zu werden.
Die Welt: Sie sind eine glühende Verfechterin der Laizität. Was ist deren Vorteil, ihre gesellschaftliche Stärke?
Badinter: Die Laizität sorgt dafür, dass man zusammenlebt, nicht in getrennten Gemeinschaften nebeneinander her. Das setzt eine gewisse Diskretion voraus, die Tatsache also, dass man seine Religion nicht ostentativ zur Schau stellt. In Frankreich kann jeder seine Religion ausüben, solange sie nicht dem Teilen gemeinsamer Werte, Sitten und Gesetze im Wege steht.
Die Welt: Sie sagen, man muss den Mut haben, sich als muslimfeindlich beschimpfen zu lassen. Was meinen Sie damit?
Badinter: Dass man die Attacken an sich abgleiten lassen muss. Wenn ich die Werte der Republik verteidige, darf man mich ruhig als muslimfeindlich beschimpfen, das trifft mich nicht. Es ist die schärfste Waffe, welche die Islamisten denen entgegenhalten können, die anderer Meinung sind: Muslimfeindlichkeit, Islamophobie. Das ist kränkend und entwaffnend. Es bringt jeden zum Verstummen.
Die Welt: Sie denunzieren unermüdlich die Gefahren des Islam. Sind Sie muslimfeindlich?
Badinter: Ich denunziere den Islamismus und verteidige den Islam. Das ist der ganze Unterschied. Aber Wörter sind immer zweideutig. Ich bin nicht islamophob. Ich respektiere den Islam so, wie ich alle Religionen respektiere, die Gewissensfreiheit zulassen.
Wenn man das aufmerksam liest, kann man nicht übersehen, dass wohl gerade in der muslimische Gemeinde die Ideen der Freiheit (von den Zwängen der Salafisten), der Gleichheit (aller muslimischen Richtungen) und der Brüderlichkeit (untereinander) nicht gerade sehr verbreitet sind.
Und die letzten zwei Aussagen Badinters könnte ich glatt unterschreiben. Ehrlich.