Das allgemeine Gejammere um die angeblich durch die EU zu niedrig bestellten Impfdosen ist wohlfeil und erbärmlich. Als bestellt wurde, konnte nämlich noch niemand vorhersagen, welche Impfstoffe sich wann durchsetzen werden.
Wäre es also moralisch gerechtfertigt gewesen, wie jetzt von manchen Politikern und Journalisten verlangt, von allen potentiellen Impfstoffen die maximal mögliche Menge zu bestellen und andere Nachfrager durch die eigene Finanzkraft von vorneherein auszustechen? Wohl eher nicht, das können sich nur von Populisten geführte Staaten wie die USA, Israel oder GB leisten, von denen erwartet man ohnehin nichts anderes.
Oder hätte Deutschland auf eigene Faust nur für seine Bevölkerung Impfstoff horten sollen? Dann wäre die EU jetzt mit Recht am Ende. Auch oder gerade in einer solchen Situation sollte man seine Werte nicht aufgeben, wenn man glaubwürdig bleiben will.
Abgesehen davon sieht die Lage so katastrophal auch wieder nicht aus, wie manche Glauben machen wollen. Derzeit sind in der EU drei Impfstoffe bereits zugelassen bzw. stehen kurz davor, nämlich die von Biontec, Moderna und AstraZeneca. Für die drei Sorten stehen immerhin Bestellungen in Höhe 300 Millionen, 160 Millionen und 400 Millionen Dosen, in Summe also 860 Millionen für 500 Milionen Menschen zur Verfügung. Das entspricht bei 2 Dosen pro Person einer Quote von 86%. Etwa 60% bis 70% werden für die Herdenimmunität benötigt. Es sollte also eigentlich reichen, oder?
Dass die bestellten Impfstoffmengen nicht alle bereits im Frühjahr 2021 zur Verfügung stehen, sondern erst produziert werden müssen, war von Anfang an klar und wurde immer wieder kommuniziert.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/sozia ... 02a3db0bf9